Ansprache Dr. Frank Weigand Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG
Wenn wir nachher gemeinsam das berühmte Band durchschneiden, geben wir den Weg frei. Autofahrer, Lkw- Fahrer, Biker aus ganz Europa werden sich keine Gedanken darüber machen, wie dieses Stück Straße zu Stande gekommen ist.
Aber wir wissen um die Historie dieses Projekts. Sie begann auf den ersten Blick im Mai 2012 – unweit von hier – mit dem ersten symbolischen Spatenstich. Doch eigentlich begann die Geschichte bereits vor 30 Jahren, als die damalige Rheinbraun AG beim Land Nordrhein-Westfalen den Tagebau Garzweiler II beantragte.
Das war praktisch mit einer Zusage für die heutige A 44n verbunden. Denn schon damals war den Beteiligten klar: Wir müssen dafür sorgen, dass die wichtigen Fernverbindungen zwischen dem Raum Aachen, dem Niederrhein und der Landeshauptstadt jederzeit und ununterbrochen zur Verfügung stehen. Mit der sogenannten Verbindlichkeitserklärung des Braunkohlenplans Garzweiler II 1995 wurde diese Gewissheit zum Großauftrag. Mit der heutigen Verkehrsfreigabe wird der Großauftrag zur Erfolgsgeschichte. Denn wir, und damit meine ich nicht nur RWE Power – wir haben diesen Auftrag gemeinschaftlich erfüllt. Wir haben die 30 Jahre alte Zusage eingehalten. Generationen übergreifend und auf den Punkt. Über viele Jahre haben die Fachleute beständig und professionell auf dieses Ziel hingearbeitet. Ihnen gebührt unser besonderer Dank.
Langfristige Verbindlichkeit prägt nicht nur die straßenrechtlichen Verfahren, sondern auch die anderen Planungs- und Genehmigungsverfahren in der rheinischen Braunkohle.
Langfristige Verbindlichkeit hat auch unser Fahrplan zur CO2-Minderung. Bis 2030, also in 12 Jahren, werden wir unseren CO2-Ausstoß gegenüber 2015 um bis zu 50 % senken. Mit dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren, an dem wir uns nach der Transaktion mit Eon bald selber wieder beteiligen, und mit dem Ausbau von Netzen und Speichern wird der Anteil der Braunkohle an der Stromerzeugung weiter zurückgehen. Zur Mitte des Jahrhunderts wird die Kohleverstromung gänzlich auslaufen und damit an ihr natürliches Ende kommen.
Dieser Fahrplan gilt. An diesen Fahrplan halten wir uns. Aber auch der braucht Zeit – Zeit, damit die Versorgungssicherheit nicht gefährdet wird und es zu keinem Strukturbruch kommt. Zumal: Wenn die Kernenergie 2023 raus ist, wird es die Braunkohle sein, die den preisgünstigsten, sicheren Strom zu jeder Sekunde liefert.
Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ steckt mitten in der Arbeit. Heute hört sie in Berlin Energieunternehmen an, auch RWE. Angesichts der komplexen energie- und volkswirtschaftlichen Zusammenhänge ist der Zeitplan der gesamten Kommissions-Arbeit eng, meines Erachtens - viel zu eng. Binnen eines halben Jahres lassen sich nicht alle relevanten energiepolitischen und sozialen Dimensionen so gründlich ausleuchten, wie es der Bedeutung des Themas angemessen wäre. Wer am Ende kluge Entscheidungen zu Energiewende und Strukturwandel treffen will, der sollte sich Zeit nehmen.
Wir brauchen schon für Straßenbauprojekte zu Recht viele Jahre. Da darf man auch die Zukunftsgestaltung, die Daseinsvorsorge für ganze Braunkohlenreviere nicht übers Knie brechen. Das sind wir als Gesellschaft den Menschen schuldig – •Den 10.000 Beschäftigten von uns in der Braunkohle bei RWE Power, die rund um die Uhr, 365 Tage des Jahres einen tollen Job machen, damit wir alle sicheren Strom haben, •den Angestellten unserer vielen Auftragnehmer und •den mehreren hunderttausenden Arbeitnehmern der energieintensiven Betriebe, die auf unseren preisgünstigen und sicheren Strom angewiesen sind.
Dem geordneten Strukturwandel steht allerdings ein Zerrbild gegenüber, das wir in den letzten Tagen in Bezug auf den Hambacher Forst leider erleben. Da ist zunächst der Versuch, uns mit Verweis auf die Strukturkommission von den betrieblich notwendigen Rodungen abzuhalten. Dabei befasst sich die Strukturkommission bekanntlich mit langfristigen Fragestellungen – die Rodungen hingegen sind für die kurzfristige Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes notwendig. Es nützt niemandem, wenn wir den Tagebau jetzt lahmlegen, am allerwenigsten den Energiekunden.
Ein zweiter Aspekt des Zerrbilds ist die wieder aufflammende Gewalt dort. Sie galt in den vergangenen Tagen vor allem den Polizeikräften. Ich verurteile diese Gewalt auf Heftigste. Ich würde mir wünschen, dass Dialog und Vernunft siegen, dass statt Steinen und Molotowcocktails Argumente fliegen, dass es nicht wieder zu einer Eskalation kommt. Ich kann nur an die militanten Tagebaugegner appellieren: Lassen Sie die Gewalt sein!
Meine Damen und Herren, unser Verkehrsnetz ist eine Lebensader für die Region. Sie ermöglicht, dass Wirtschaft und Handel florieren, dass Menschen von A nach B kommen können. Um so wichtiger ist diese Lebensader für eine Region im Strukturwandel. Gleichzeitig kann der Tagebau Garzweiler dank dieses Projekts weiterhin zu der hohen Versorgungssicherheit in unserem Land beitragen, die zu 40%auf unserer rheinischen Braunkohle beruht. Die Wiederherstellung der A 44 trägt deshalb in doppelter Hinsicht dazu bei, die leistungsfähige Infrastruktur in Land und Region zu erhalten. Deshalb ist der heutige Tag ein wichtiger Tag.
Ich danke allen an diesem Projekt Beteiligten für ihre großartige Arbeit. Allen Verkehrsteilnehmern wünsche ich stets gute und sichere Fahrt auf der neuen Strecke. Glück auf !0
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