(RPS / eA) Um 4:00 am frühen Morgen wurde die Richtungsfahrbahn München (Albaufstiegsstrecke) zwischen AS Mühlhausen und AS Merklingen in Fahrtrichtung Ulm vollgesperrt. Die Sperrung war unvermeidlich, um zum einen im Lämmerbuckeltunnel einen sogenannten Funktionalen Tunneltest durchzuführen und um zum anderen Forstarbeiten oberhalb der Autobahn zu erledigen. Auf der Autobahn bestand in diesen Teilbereichen aufgrund der Baumfällarbeiten Lebensgefahr. Darüber hinaus nutzt auch die Autobahnmeisterei Dornstadt (Alb-Donau-Kreis) wieder die Sperrung zur Durchführung von Unterhaltungsarbeiten entlang der Strecke.
Beim Funktionalen Tunneltest werden die im Jahr 2011 im Tunnel nachgerüsteten Sicherheitstechnikkomponenten einem Funktionstest unterzogen. Dabei wurden bestimmte Ereignisse simuliert, die eine automatische Reaktion des Sicherheitssystems initiierten. Auch die manuell erforderlichen Handlungen der Tunnelleitzentralen wurden getestet und einstudiert. Der Schwerpunkt lag auf den verschiedenen Brandalarmen. Automatische Detektion, Druck auf den Handmelder oder die Feuerlöscherentnahme führen genauso wie der Anruf bei Telefon 112 zum Brandalarm und damit zu automatischen Schaltungen. Eine Untersuchungsstelle führte die Tests durch und überwachte die Leittechnik und die Tunnelleitzentralen.
Wie das Regierungspräsidium Stuttgart anschließend mitteilte, sind die Funktionalen Tests der Sicherheitseinrichtungen des Lämmerbuckeltunnels voll umfänglich und erfolgreich durchgeführt worden. Nach einem positiven Gutachten der Untersuchungsstelle konnte die Wiederinbetriebnahmegenehmigung erteilt werden und der Lämmerbuckeltunnel steht dem Verkehr wieder uneingeschränkt zur Verfügung.
Die Sicherheitseinrichtungen im Lämmerbuckeltunnel wurden 2011 / 2012 im Rahmen eines Sofortprogramms verbessert. Zu den umfangreichen Verbesserungen mit Gesamtkosten von rund vier Millionen Euro gehören u.a. folgende Maßnahmen:
* Die Notgehwege wurden alle erneuert und an den Tunnelenden wurden die rechten Gehwege weiter ins Freie hinaus verlängert.
* Die neuen Fluchtwegkennzeichen geben nicht nur Richtung und Entfernung zum nächsten Tunnelportal an. Sie enthalten auch eine besonders helle Orientierungsbeleuchtung. Diese wird bei Brandalarm eingeschaltet und hilft den Fluchtweg insbesondere bei Rauch besser zu erkennen.
* Leiteinrichtungen: Beidseitig auf den Hochborden wurden neue selbstleuchtende Markierungselemente angebracht. Diese verbessern die visuelle Führung im Tunnel. Bei Brandalarm werden die Markierungselemente auf volle Helligkeit und zusätzlich auch in Gegenrichtung eingeschaltet, um die Orientierung für die flüchtenden Personen zu verbessern.
* Vor und nach dem Tunnel wurden zusätzliche Notrufkabinen aufgestellt. Sie enthalten eine Sprechstelle, einen Feuermelder und 2 Feuerlöscher.
* Videoüberwachung: Die ständige Überwachung und Steuerung des Tunnels durch die Tunnelleitzentrale wurde um eine Videoanlage ergänzt. Elf neue Kameras liefern Live-Bilder aus dem Tunnel sowie den Bereichen vor und nach dem Tunnel. Die Videobilder werden automatisch von einem Programm ausgewertet. Bleiben Fahrzeuge im Tunnel stehen, so werden diese erkannt und sofort automatische Verkehrsschaltungen ausgelöst. Außerdem geht ein Alarm an die Tunnelleitzentrale. Gleichzeitig wird die Videoanlage auch zur Erfassung von Geschwindigkeiten und Verkehrsstärken im Tunnel genutzt.
* Verkehrstechnische Einrichtungen: Der Lämmerbuckeltunnel hat vollständig neue Verkehrszeichen, insbesondere Wechselverkehrszeichen und Sperranlagen, erhalten. Auffällig sind die neuen Sperrschranken. Sie verhindern mechanisch, dass Verkehrsteilnehmer trotz Rotlicht und Streckensperrung (Verbot) in den Gefahrenbereich einfahren.
* Helligkeitsanpassung: Außen- und Innenhelligkeit werden ständig gemessen. Automatisch wird die Adaptionsbeleuchtung angepasst. Fahrzeuge die in den Tunnel hineinfahren müssen genügend Haltesicht haben. Sie dürfen nicht in ein „schwarzes Loch“ fahren. Kann über die Beleuchtung nicht mehr genügend geregelt werden, so wird die Geschwindigkeit angepasst. Normalerweise gelten im Lämmerbuckeltunnel 80 km/h. Bei guten Lichtverhältnissen lässt die Automatik 100 km/h zu. Werden dagegen die Lichtverhältnisse ungünstiger, so wird die Geschwindigkeit auf 60 km/h festgelegt.
* Staumanagement: Wird zähfließender Verkehrs festgestellt, dann passt die Tunneltechnik automatisch die Geschwindigkeit in Stufen an. Bei maximal 100 km/h gibt es die Stufen 80 km/h, 60 km/h und 40 km/h. Durch diese Schaltungen soll ein gleichmäßiger Verkehrsfluss erreicht werden, welcher das Risiko von Unfällen im Tunnel vermindert.
* Stillstandsmanagement: Die Verkehrserfassung stellt auch fest, wenn der Verkehr im Tunnel zum Stillstand gekommen ist. Würde jetzt ein Brand ausbrechen, so wären sehr viele Fahrzeuginsassen gefährdet. Die Automatik sperrt deshalb den Tunnel vollständig. Weitere Fahrzeuge können so nicht mehr nachrücken. Erst wenn der Tunnel vollständig leer ist und auch auf dem nachfolgenden Abschnitt wieder Raum für Fahrzeuge ist, hebt die Tunnelleitzentrale die Sperrung wieder auf. Dieser Vorgang ist vor allem aus den Alpentunneln unter der Begriff „Blockabfertigung“ bekannt.
* Löschwasserversorgung: Was der Feuerwehr Sorgen bereitete, konnte jetzt geändert werden. An zwei Hydranten vor den Tunnelportalen und maximal alle 150 m im Tunnel kann die Feuerwehr Löschwasser entnehmen. Mindestens 72.000 l Wasser stehen mit einem Druck von rund acht bar und einer Entnahmemenge von 1600 l/min zur Verfügung. Damit das Wasser im Winter nicht einfrieren kann, ist die Leitung normalerweise trocken. Innerhalb von fünf Minuten nach der Auslösung des Brandalarmes wird sie automatisch geflutet und der Druck aufgebaut. Beim Eintreffen der Feuerwehr kann diese dann sofort das Löschwasser verwenden.
* Tunnelleitzentralen: Für den Lämmerbuckeltunnel gibt es an drei Stellen Tunnelleitzentralen (TLZ). Im Betriebsgebäude beim Tunnel (lokale TLZ), in der Autobahnmeisterei Ulm/Dornstadt (regionale TLZ) und bei der Verkehrsrechenzentrale in Stuttgart (zentrale TLZ). Von immer einer dieser Tunnelleitzentralen wird der Lämmerbuckeltunnel mit seiner umfangreichen und ausgefeilten Verkehrsleittechnik rund um die Uhr überwacht und die Technik gesteuert. Im Normalfall übernimmt die Verkehrsrechenzentrale in Stuttgart diese Aufgabe. Im Einsatzfall begibt sich die Tunnelrufbereitschaft der Autobahnmeisterei zum Tunnel und übernimmt dort in unmittelbarer Nachbarschaft zur Einsatzleitung der Feuerwehr die Aufgaben als lokale TLZ bis der Tunnel wieder für den Verkehr freigegeben werden kann. Im Rahmen der Sofortmaßnahmen mussten auch die Überwachungs- und Steuerungsmöglichkeiten für die Tunnelleitzentralen angepasst werden.
Insgesamt gibt es derzeit 40 verschiedene Alarme für die immer ein genauer Gefahrenabwehrplan hinterlegt ist. Dort sind die speziellen automatischen Abläufe und/oder Handlungsanweisungen aufgeführt. Diese wurden an diesem Tag alle sorgsam durchgespielt.
Auch um die Tests nicht zu stören, durfte die Strecke und der Tunnel nur Aufsicht betreten werden. Durch das optimale Zusammenwirken aller Beteiligten gelang es die Strecke schon rund zwei Stunden früher als geplant wieder für den Verkehr freizugeben.
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